Große Raubtiere: ihre Bedeutung für die Biodiversität
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    Große Raubtiere: ihre Bedeutung für die Biodiversität

    Das Bestehen oder die Wiederkehr von großen Raubtieren stösst in durch den Mensch fragmentierten Lebensräumen immer wieder auf Bestrebungen diese Raubtiere zu dezimieren, nicht zu schützen, oder nie mehr einzuführen, obwohl sie ursprünglich eine bedeutende Rolle in vielen Ökosystemen spielen.

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    02/07/2024Von 3Bee, Elise Maria Keller Boehm
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    Was ist ein Spitzenprädator?

    Spitzenprädatoren sind Raubtiere die an der Spitze einer Nahrungskette stehen und selbst keine Fressfeinde haben. In Europe und auch auf anderen Kontinenten sind das Beispielsweise Landsäuger wie Bären, Raubkatzen (Luchse, Löwen, Tiger etc.) und Wölfe. Es gibt aber auch Apexpredatoren aus anderen Gruppen, wie beispielsweise Reptilien, wie einige grosse Krokodile, Vögel, wie beispielsweise einige der grossen Raubvögel oder auch Apexpredatoren im Meer wie der Orkawal. In einer natürlichen Umgebung ist die Populationsdichte von Spitzenprädatoren meist gering, kann aber durch verschiedene Einflussfaktoren schwanken. Historisch gesehen war auch der Mensch für lange Zeit, nachdem er sich durch den Gebrauch von Waffen Fressfeinde hat vom Leib halten können, auch eine Art Spitzenprädator - dies aber nicht im Sinne eines Tiers, das „von Natur aus“ ein Spitzenprädator ist.

    Wolf

    Einfluss von Spitzenprädatoren auf Ökosysteme

    Spitzenprädatoren übernehmen eine wichtige Rolle in den Ökosystemen in denen sie leben, denn sie sind ein wichtiger Regler für die Populationsdynamik ihrer Beutetiere und anderer Raubtiere. In einem natürlichen Lebensraum sind sie unabdingbar für den Erhalt der Biodiversität durch die Regulation der Populationsdichte ihrer Beutetiere, für die Regulierung von Krankheiten innerhalb der Population ihrer Beutetiere durch die Bevorzugung alter oder kranker und geschwächter Individuen als Beute und letztendlich für das gesamte Funktionieren des Ökosystems in dem sie leben. Wird in einem Ökosystem (durch den Mensch) der Spitzenprädator dezimiert oder eliminiert, so hat das meist weitreichende Folgen auf alle im Ökosystem anwesenden Arten, so auch auf die Vegetation, wenn beispielsweise umregulierter Verbiss durch Rehe und Hirsche entsteht.

    media image
    3Bee

    Einfluss von Spitzenprädatoren auf die Tierhaltung

    Grosse Raubtiere aus der Gruppe der Landsäugetiere sind vor allem in Mitteleuropa zum Streitpunkt zwischen Naturschützern und Landwirten geworden. Dabei spielt die Fragmentieren und intensive Nutzung von noch übrigen Habitaten eine große Rolle. So konnten sich in den letzten Jahrzehnten durch den gezielten Artenschutz (vor allem durch ein Abschussverbot) Wölfe wieder in Mitteleuropa ausbreiten. In stark begrenzten Lebensräumen treffen Wölfe vor allem bei Schafen und Ziegen auf sehr leichte Beute, zumal da durch die Abwesenheit von Wölfen lange Zeit kein adäquater Herdenschutz eingesetzt wurde. Seitdem vernünftigere Ansätze verfolgt werden, um Schafe in angemessenen Ställen mit Hunden der Rassen Maremma-Abruzzen-Schäferhund, Pyrenäen-Sennenhund oder Kaukasischer Owtscharka zu sichern, ist die Zahl der Raubzüge von Wölfen auf Schafe wieder zurückgegangen.

    Schafe

    Situation der Spitzenraubtiere in Europa

    Die EU stellt im Bereich des Artenschutzes einen Sonderfall dar, da transnationale Richtlinien und Schutzbemühungen von einem relativ stabilen politischen Klima getragen werden. Die Berner Konvention, die FFH-Richtlinie und die EU-Biodiversitätsstrategie konnten Initiativen ergreifen und den Artenschutz voranbringen. Auch die wichtigsten Raubtiere haben von der Umsetzung des Natura2000-Programms profitiert, das ein Netzwerk von Schutzgebieten und Wildtierkorridoren geschaffen, geschützt und erweitert hat. Durch gezielte Artenschutzprogramme in Natura2000-Lebensräumen konnten sich die Populationen von Bären, Luchsen, Wölfen und Vielfraßen in den letzten Jahren erholen und in ganz Europa ausbreiten. Strenge Anforderungen an die Forstwirtschaft und den Bergbau ermöglichen es, den Lebensraum dieser Arten in der erforderlichen Größe zu schützen. Durch die abnehmende Jagd auf Beutetiere konnten auch Raubtiere von meinem größeren Nahrungsangebot profitieren.

    Luchs
    3Bee

    Wildlife-Tourismus als Mittel für den Artenschutz?

    Die Verbreitung von Wissen und mediale Informationskampagnen über Tiere, darunter auch Raubtiere, haben in den letzten Jahrzehnten verstärkt zu einem Angebot der Raubtierbeobachtung als Teil von touristischen Aktivitäten gegeben. Traditionell kennt man dies auch von Rundreisen in Safariparks in afrikanischen Ländern um gerade auch Löwen und andere große Säugetiere zu beobachten. Inzwischen haben auch Wissenschaftler Interesse am Studium dieser Angebote gefunden, da gegebenenfalls die Akzeptanz für große Raubtiere steigern können und Menschen für die Wichtigkeit und den Schutz dieser Tiere sensibilisieren können. Hierbei muss jedoch sehr stark auf die Vermeidung von Mensch-Wildtier-Konflikten geachtet werden, welche den Beobachtungs-Turismus schnell ins Gegenteil von Artenschutz umschlagen lassen kann. Inwieweit sich der Wildlife-Tourismus auch in europäischen Ländern umsetzen liesse, ist offen.

    Safari
    3Bee

    Ist die Wiedereinführung eine Option für den Raubtierschutz

    Das Wiedereinbringen von Spitzenprädatoren in Lebensräume die auch vom Menschen genutzt werden, oder nahe an diesem liegen, ist ein Thema voller Konflikte. Zum einen ist Bekannt wie wichtig Spitzenprädatoren für die Regulierung von Populationsdynamiken und die Ausbreitung von Krankheiten unter Beutetieren sind, nicht desto trotz bestehen oben genannte Probleme. Zudem ist meist auch die Bevölkerung ängstlich bei dem Gedanken von großen Tieren in der Nähe ihrer Wanderrouten. Die Menschen wieder daran zu gewöhnen ist nicht einfach. In Ländern mit Wildschweinpopulationen zum Beispiel, haben wenige Menschen Angst vor ihnen und wissen sich so zu verhalten, dass es zu keinem Angriff kommt. In England zum Beispiel wurde mit dem Gedanken gespielt Wildschweine wieder einzuführen, was zu großer Verunsicherung und Angst in der Bevölkerung führte. Und dies bei einer Art, die nicht zu den Raubtieren gehört.

    Luchs

    Fazit

    Auch wenn viele Menschen den Schutz von Tierarten befürworten so ist doch der Schutz von großen Raubtieren einzweischneidiges Schwert. In Europa wurde ein Kompromiss auf politischer Ebene gefunden, der ein Zusammenleben zum größten Teil gut reguliert. Gerät das Zusammenleben aus dem Gleichgewicht, beispielsweise weil sich Bären in Siedlungen aggressiv erhalten oder wenn zu viele Rudel in landwirtschaftlich genutzten Landstrichen leben, dann können in Ausnahmefällen Tiere zum Abschuss freigegeben werden. Diese Kontrollmassnahmen führen zu mehr Akzeptanz in der Bevölkerung und sollten daher begrüsst werden. Letzten Endes kann nur der mensch in stark zersiedelten und landwirtschaftlich genutzten Lebensräumen die Aufgabe eines Regulators übernehmen und jeweils für das Recht der Geschützen Raubtiere, der Landwirte und der allgemeinen Bevölkerung einstehen und vermitteln.

    Wölfe
    02/07/2024Von 3Bee, Elise Maria Keller Boehm
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